Translater:
Das
Schlaraffenland". Gemälde von Pieter Brueghel dem
Älteren
Wie realistisch ist die Idee vom bedingungslosem Grundeinkommen?
Pro und contra Grundeinkommen! Ist ein bedingungsloses Grundeinkommen finanzierbar? Welchen Einfluss hätte das Grundeinkommen auf die Gesellschaft und Wirtschaft?
Warum überhaupt ein bedingungsloses Grundeinkommen?
Bereits vor ca. 25 Jahren veröffentlichte ich in Zeitschriften die Idee eines staatlich gewährten Grundeinkommens für alle, finanziert über die Mehrwertsteuer. Von vornherein habe ich dies aber als futuristische Vision dargestellt, deren Umsetzung in der heutigen Zeit nicht zur Debatte stehen kann.
Meine
Idee war eine Antwort auf die schon lange geäußerten
Befürchtungen, dass der Welt durch immer bessere
Produktionstechniken allmählich
die Arbeit ausgehe.
Eine solche Gefahr sehe ich noch lange nicht, weil eben mit der
verbesserten Produktivität auch der Wohlstand und die
Ansprüche steigen.
Die in einigen Bereichen entfallende Arbeit entsteht in der Regel an
anderer Stelle neu, etwa bei der Herstellung von Produkten, an die
vorher noch keiner gedacht hat (Computer, Handys,
Navigationsgeräte usw.).
Dieser evolutionäre Prozess vollzieht sich bereits seit Jahrtausenden, im Großen und Ganzen zum Wohle der Menschheit. Eine Abkehr dieses Prinzips wird eigentlich erst erreicht, wenn Androiden soweit ausgereift sind, dass sie sich selbst reproduzieren können und eine echte Konkurrenz für den Menschen darstellen. Eine solche Vision ist aber reine Zukunftsmusik, niemand weiß, ob es jemals so weit kommt (die Machbarkeit ist immerhin wahrscheinlich).
Vor
allem kann heute niemand abschätzen, wie das Kapital auf solche
umwälzenden Möglichkeiten reagiert. Das Kapital
funktioniert bislang in einem Kreislauf: Menschen stellen Produkte
her, werden dafür entlohnt und kaufen mit diesem Geld wiederum
andere Produkte.
Wenn dieser Kreislauf nicht mehr existiert, verliert das Kapital
seine Motivation. Wenn nur noch (oder hauptsächlich) Maschinen
und Androiden Produkte herstellen, würde ja die Menschheit vom
Kapital ausgehalten. Eine solch soziale Einstellung steht aber im
krassen Widerspruch zum Kapital, es wird/kann vermutlich so nicht
funktionieren.
Ein Grundeinkommen, um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können?
Bei meiner damaligen Präsentation des steuerfinanzierten Grundeinkommens für alle verfolgte ich noch einen zweiten wichtigen Aspekt: Die Vision sollte Möglichkeiten aufzeigen, die Wettbewerbsverzerrungen durch das globale Lohndumping einzudämmen. Denn wenn in einem Hochlohnland jedermann ein Grundgehalt bezieht (wovon er bereits notdürftig leben kann), darf der Reallohn entsprechend niedriger ausfallen. Die Standortnachteile gegenüber den Billiglohnländern könnte sich dadurch erheblich verringern.
Bevor
allerdings das Grundgehalt für alle überhaupt einen Sinn
macht, müssten zunächst einmal die viel naheliegenderen
Möglichkeiten ausgeschöpft sein. Gemeint ist damit die
Umfinanzierung der Sozialkassen über die Mehrwertsteuer.
Wie im Januar 2007 bereits geschehen, müssten alle paar Jahre
weitere Schritte erfolgen: Also Mehrwertsteuern um 3 bis 4 % anheben,
im Gegenzug die Beiträge zur Krankenversicherung reduzieren. Das
Gleiche kann man dann anschließend mit der Rentenversicherung,
Pflege- und der Arbeitslosenversicherung durchziehen. Durch diese
Lohnkostenreform"
würden die Arbeitskosten in Deutschland also beständig
sinken, gleichzeitig würden die Importe wegen der steigenden
Mehrwertsteuer teurer werden.
Erst wenn eine derartige Lohnkostenreform vollendet wäre, könnte man auf gleichem Wege fortfahren und allmählich ein allgemeines Grundgehalt für jedermann (auf niedrigstem Niveau) aufbauen. Am Ende wären dann spezielle Sozialhilfen usw. weitgehend überflüssig. Niemand bräuchte sich mehr arbeitslos melden, niemand müsste arbeiten, wenn er es nicht wollte. Jeder bräuchte nur soviel tun, wie er zur Erreichung seines persönlichen Lebensstils benötigt.
Die problematischen Verlockungen des Grundeinkommens...
Das
allgemeine Grundgehalt schafft aber leider auch Probleme, die zuvor
gelöst werden müssten. Die heute favorisierte allgemeine
Zuzugsfreiheit von Ausländern könnte kaum aufrechterhalten
werden (es sei denn, in vielen anderen großen Ländern
würde ebenfalls ein Grundgehalt eingeführt).
Weil ein arbeitsfreies Grundgehalt ansonsten wie ein Magnet wirken
würde und aus allen Ländern Migranten kämen, um sich
hier ein feines Leben zu machen.
Unbekannt
ist noch, wie sich das Grundgehalt auf den allgemeinen Arbeitseifer
auswirkt. Einerseits trägt das Grundgehalt sicher dazu bei, die
Arbeitswelt zu humanisieren (weil ja niemand mehr unbedingt arbeiten
muss).
Aber der Schuss kann auch nach hinten losgehen. Es kann durchaus
sein, dass sich die Arbeitsmoral im Laufe von Jahrzehnten stark
verschlechtert und es sich immer mehr Menschen in der sozialen
Hängematte bequem machen. Das würde schließlich zu
einer neuen Spaltung der Gesellschaft führen, die Schere
zwischen Arm und Reich würde größer.
Um diese Problematik zu minimieren und der Bevölkerung einen ausreichenden Anreiz zur Arbeitsaufnahme zu bieten, müsste das Grundgehalt spartanisch niedrig bemessen sein. Trotzdem kann aber erst ein Praxistest die konkreten Folgen und Gefahren aufzeigen.
Ist das bedingungslose Grundeinkommen überhaupt finanzierbar?
Theorie und Praxis sind oft Zweierlei. Theoretisch dürfte eine Finanzierung eines Grundeinkommens keine unüberwindbaren Schwierigkeiten bereiten, da heute schließlich auch schon ein Gutteil der Bevölkerung über den Staat und die Sozialkassen versorgt wird (Hartz IV, Renten, Kindergeld usw.). Die zusätzlichen Aufwendungen an all diejenigen, die heute leer ausgehen, ergeben keine echte Mehrbelastung, da es sich um eine Umfinanzierung handelt (entsprechend dem Grundeinkommen sinkt der Reallohn, die Arbeitskosten erhöhen sich nicht).
Unkalkulierbar
sind aber die schon erwähnten Problemfelder Zuwanderung und
abnehmende Arbeitsmotivation. Was geschieht, wenn immer mehr Menschen
ganz aus dem Arbeitsleben ausscheiden möchten? Ein
zusätzliches Problem ergibt sich aus der Mehrwertsteuer - je
höher sie ausfällt und je größer die
Unterschiede zum benachbarten Ausland, desto stärker auch die
Betrugsanreize. Dieser Gefahr müsste mit verstärkten
Kontrollen entgegengewirkt werden. Ich bin durchaus für eine
Erhöhung der Mehrwertsteuer im Rahmen der Lohnkostenreform, aber
man darf es natürlich nicht übertreiben und muss sich
vorsichtig an die Schmerzgrenze herantasten.
Alternative Finanzierungsmodelle (zum Beispiel eine generelle
Lohnsteuer von 40 %) lösen nicht diese Grundprobleme, sondern
führen vermutlich zu einer Eliten-Vertreibung. Es droht die
Gefahr einer negativen Auslese: Die Hochqualifizierten und
Strebsamen zieht es wegen besserer Perspektiven ins Ausland, die
Leistungsschwachen und Bequemen verbleiben.
Die Diskussion über das Grundeinkommen kommt viel zu früh!
Hätte ich Anfang der 1990er Jahre geahnt, wie meine zukunftsferne Vision von manchen Leuten aufgegriffen, missverstanden und unbedacht vermarktet wird, hätte ich den Abdruck meiner diesbezüglichen Artikel sicher verworfen. Denn solange es noch gute reale Möglichkeiten gibt, die Probleme wie Massenarbeitslosigkeit, schlechte Reallohnentwicklung, hohe Staatsverschuldung usw. zu lösen und solange uns die Arbeit eben nicht ausgeht, schaden utopische Wunschbegehren.
Unrealistische Forderungen drängen die wirklich machbaren und notwendigen Reformen in den Hintergrund &endash; es sind im Grunde Geisterdiskussionen, die vom wirklich Machbarem ablenken.
Eine herzliche Bitte: Sollte Ihnen dieser Artikel (http://www.einwanderungsland-deutschland.com/grundeinkommen-buergergeld.html) gefallen haben, empfehlen Sie ihn bitte weiter. Denn nur die allgemeine Aufklärung der Bevölkerung ebnet den Weg für notwendige Veränderungen. Es dankt Ihnen Manfred J. Müller
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www.einwanderungsland-deutschland.com
© Dieser Text ist die Zusammenfassung einer Studie des
Wirtschaftsanalysten und Publizisten Manfred J. Müller aus
Flensburg.
Erstveröffentlichung 2008. Impressum
Anmerkung:
Der Sinn einzelner Thesen erschließt sich oft erst im
Zusammenhang mit anderen Artikeln des Autors. In einem einzelnen
Aufsatz können nicht jedesmal alle Hintergründe und
Grundsatzüberlegungen erneut eingeflochten werden.
Bücher
von Manfred J. Müller
Ist
eine Demokratie zu schwach, den Bürgern reinen Wein
einzuschenken?
Eine
staatliche, gehirnwäscheartige Dauerpropaganda wird immer wieder
eingesetzt, um konzernfreundliche, radikale Ideologien durchzusetzen
(z. B. die Zollächtung = Inthronisierung des globalen
Dumpingwettbewerbs). Wenn es aber um ein wirklich notwendiges
Umdenken geht (Erhöhung der Mineralölsteuer,
Einführung einer Kerosinsteuer, Verdoppelung der Lkw-Maut,
Aufgabe des gescheiterten Schengener Null-Grenzen-Experiments etc.),
meint man, die Bevölkerung nicht mitnehmen zu können. Denn
das könnte ja Wählerstimmen kosten.